Der Bayerische VGH hat mit Beschluss vom 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren um die Besetzung einer Stelle für eine Vorsitzende Richterin am Bayerischen LSG mit Beschluss vom 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – in erfreulicher Deutlichkeit verschiedene materiell-rechtliche und prozessuale Fragen bei einer wiederholten Auswahlentscheidung geklärt.
Inhaltlich ging es um die „2. Runde“ in einem Stellenbesetzungsverfahren. Das zuständige Ministerium hatte zuvor eine Auswahlentscheidung getroffen, die vom Bayerischen VGH im Beschwerdeverfahren deshalb aufgehoben wurde, weil bei der erfolgreichen Bewerberin zu Unrecht auf eine Anlassbeurteilung zurückgegriffen worden war. Der Bayerische VGH hatte der Antragsgegnerin, also dem zuständigen Ministerium, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes untersagt, die streitgegenständliche Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung der dortigen Antragstellerin, also der unterlegenen Mitbewerberin, rechtskräftig entschieden wurde. Das Ministerium wiederholte daraufhin die Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts, kam zum gleichen Ergebnis wie zuvor und stellte daraufhin einen Antrag gem. § 80 Abs. 7 VwGO analog mit dem Ziel, den entsprechenden Beschluss des VGH abzuändern, damit die Besetzung der Stelle aufgrund der erneuten Auswahlentscheidung umgesetzt werden konnte.
Diesem Antrag haben sowohl das Verwaltungsgericht München als auch der Bayerische VGH stattgegeben. § 80 Abs. 7 VwGO findet nach Auffassung der Gerichte im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO entsprechende Anwendung. Danach könne das Gericht der Hauptsache jederzeit von Amts wegen einen Eilbeschluss ändern oder aufheben oder auf Antrag eines Beteiligten wegen veränderter Umstände eine Änderung oder Aufhebung vornehmen. Eine solche Änderung der Umstände liege in der erneuten Auswahlentscheidung des Ministeriums. Andernfalls dauere das Verbot, die Stelle zu besetzen, für das gesamte Stellenbesetzungsverfahren an, weshalb ein legitimes Interesse an der Abänderung bestehe.
Im Rahmen der Entscheidung hat der Bayerische VGH zudem zwei für die Praxis sehr wichtige Punkte klargestellt:
- Mit Erlass einer neuen Auswahlentscheidung wird die bisher bestehende konkludent aufgehoben und entfaltet keine Rechtswirkungen mehr. Damit besteht für etwaige noch anhängige Rechtsmittel, also einen Widerspruch oder eine schon beim Gericht anhängige Hauptsacheklage, kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, diese werden damit unzulässig.
- Maßgeblicher Zeitpunkt für die wiederholte Auswahlentscheidung ist nicht derjenige der ersten Auswahlentscheidung, sondern der Zeitpunkt der wiederholten. Maßgeblich sind damit insbesondere auch die dienstlichen Beurteilungen oder etwaige Anlassbeurteilungen zum Zeitpunkt der wiederholten Auswahlentscheidung.
Ihr Ansprechpartner: Dr. Peter Sieben, Stuttgart