Auszeichnungen

Die Kanzlei ist seit 2020 in jedem Jahr in der Liste derBesten Wirtschaftskanzleien“ von brand eins und Statista platziert. Die Auszeichnung basiert auf einem unabhängigen zweistufigen Erhebungs- und Bewertungsverfahren, das Empfehlungen von Experten sowie von Inhouse-Juristen aus mittleren und großen Unternehmen berücksichtigt und damit tausende von Urteilen bündelt.

Für BUSINESS TODAY zählt Prof. Dr. Michael Quaas zu den „Top 10 Influential Healthcare Lawyers in Germany„: „Michael Quaas, working with Quaas & Partner, has earned a reputation for his extensive experience advising on hospital financing, planning and reimbursement. Beyond his lawyer duties, Quaas is also a noted author, having published countless articles, monographs and manuals related to medicine law and hospital law.“ („Michael Quaas hat sich einen guten Ruf für seine umfassende Erfahrung in der Beratung zu Krankenhausfinanzierung, -planung und -vergütung erworben. Über seine Anwaltstätigkeit hinaus ist er auch ein bekannter Autor, der unzählige Artikel, Monographien und Handbücher zum Thema Medizin- und Krankenhausrecht veröffentlicht hat“).

Das Magazin Wirtschaftswoche zählte die Kanzlei auf Basis einer unabhängigen Datenerhebung und der Entscheidung einer Expertenjury wiederholt zu einer von Deutschlands Top-Kanzleien im Medizinrecht und hat Frau Rechtsanwältin Dr. Heike Thomae als „Top Anwältin“ empfohlen.

Aktuelles

Zum neuen Abstandsflächenrecht nach § 5 Abs. 5 Satz 2 LBO Baden-Württemberg: Keine privilegierte Aufstockung grenzständiger Gebäude

Am 11.02.2023 wurde § 5 Abs. 5 Satz 2 in die LBO Baden-Württemberg eingefügt. Er ermöglicht eine „nachträgliche“ Gebäudeerhöhung um zwei Geschosse ohne zusätzlichen Grenzabstand und soll so die Verdichtung im bebauten Innenbereich fördern. Die Vorschrift ist nicht auf Wohnbebauung begrenzt und stößt insbesondere aufgrund ihrer Unbestimmtheit und des verursachten Eingriffs in Nachbarrechte auf Kritik. Der VGH Baden-Württemberg hat nunmehr mit Urt. v. 13.11.2023 – 14 S 1161/23 – entschieden, dass § 5 Abs. 5 Satz 1 LBO nicht auf grenzständig errichtete Gebäude anwendbar ist. Der VGH hat dazu mit dem Wortlaut und der Stellung der Vorschrift argumentiert. Sie sprächen dafür, dass die Privilegierung nur auf Gebäude anwendbar sei, die schon zuvor eine Abstandsfläche einhielten. Damit reduziere sich zwar, so räumt der VGH ein, der Anwendungsbereich der Vorschrift insbesondere mit dem Ziel der Schaffung zusätzlichen Wohnraums. Jedoch bedürfe eine „nach heutigen Maßstäben zulässige grenzständige Bebauung aber auch keiner abstandsflächenrechtlichen Privilegierung, weil doch schon auf die Grenze gebaut werden darf“. Ob dies nach der Erhöhung immer noch der Fall ist, sei jeweils zu prüfen. Damit ist die Entscheidung schlüssig und zu begrüßen. Sie konkretisiert die Anwendung des neuen Rechts. Trotzdem ist § 5 Abs. 5 Satz 2 LBO dringend überarbeitungsbedürftig, wie Mitarbeiter der Anwaltskanzlei Quaas & Partner im VBlBW-Heft Nr. 1/2024 ausführen werden. Im Übrigen hat der VGH seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass das Abstandsflächenrecht auf eine bloße Änderung baulicher Anlagen erst dann anzuwenden sei, „wenn sich ein für die Abstandsflächentiefe maßgebliches Merkmal“ verändere. Insoweit setzt er seine differenzierende und nicht immer leicht verständliche Einzelfallrechtsprechung fort.
Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Prof. Dr. Alexander Kukk, Stuttgart

Unzulässige Aufrechnung von Aufschlagszahlungen

Das LSG NRW hat mit Beschluss vom 09. November 2023 L 10 KR 246/23 NZB KH bestätigt, dass die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Aufschlagszahlungen im Sinne des § 275 c Absatz 3 Satz 1 und 2 SGB V gegen das landesvertraglich vereinbarte Aufrechnungsverbot verstoßen. Dass das im Landesvertrag vereinbarte Aufrechnungsverbot greife, sei durch ständige Rechtsprechung des LSG NRW geklärt. Es bedürfe keiner weiteren Klärung, dass es unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Aufrechnungsverbots nicht auf die Rechtsnatur des Gegenanspruchs der Krankenkasse – hier: desjenigen auf eine Aufschlagszahlung – ankomme. Das landesvertragliche Aufrechnungsverbot werde auch nicht durch höherrangiges Recht verdrängt, weder durch die PrüfvV noch durch das gesetzliche Aufrechnungsverbot gemäß § 109 Abs. 6 SGB V, denn der Anwendungsbereich der Aufrechnungsregelung des § 10 PrüfvV sei nicht eröffnet und auch aus einem Umkehrschluss aus § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V ergebe sich nicht, dass Aufrechnungen seitens der Krankenkassen in den von diesem nicht erfassten Fällen zulässig wären. Außerdem werde teilweise sogar eine analoge Anwendung des Aufrechnungsverbotes u. a. auch auf die Aufschlagszahlung erwogen. Auch die Datenübermittlungsvereinbarung sehe entgegen der Behauptung der Krankenkasse nicht eine Durchsetzung von Aufschlagszahlungen allein im Wege der Aufrechnung vor.
hre Ansprechpartnerin: Dr. Heike Thomae, Dortmund

Wiederholung eines Stellenbesetzungsverfahrens, prozessuale Umsetzung

Der Bayerische VGH hat mit Beschluss vom 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren um die Besetzung einer Stelle für eine Vorsitzende Richterin am Bayerischen LSG mit Beschluss vom 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – in erfreulicher Deutlichkeit verschiedene materiell-rechtliche und prozessuale Fragen bei einer wiederholten Auswahlentscheidung geklärt.

Inhaltlich ging es um die „2. Runde“ in einem Stellenbesetzungsverfahren. Das zuständige Ministerium hatte zuvor eine Auswahlentscheidung getroffen, die vom Bayerischen VGH im Beschwerdeverfahren deshalb aufgehoben wurde, weil bei der erfolgreichen Bewerberin zu Unrecht auf eine Anlassbeurteilung zurückgegriffen worden war. Der Bayerische VGH hatte der Antragsgegnerin, also dem zuständigen Ministerium, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes untersagt, die streitgegenständliche Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung der dortigen Antragstellerin, also der unterlegenen Mitbewerberin, rechtskräftig entschieden wurde. Das Ministerium wiederholte daraufhin die Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts, kam zum gleichen Ergebnis wie zuvor und stellte daraufhin einen Antrag gem. § 80 Abs. 7 VwGO analog mit dem Ziel, den entsprechenden Beschluss des VGH abzuändern, damit die Besetzung der Stelle aufgrund der erneuten Auswahlentscheidung umgesetzt werden konnte.

Diesem Antrag haben sowohl das Verwaltungsgericht München als auch der Bayerische VGH stattgegeben. § 80 Abs. 7 VwGO findet nach Auffassung der Gerichte im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO entsprechende Anwendung. Danach könne das Gericht der Hauptsache jederzeit von Amts wegen einen Eilbeschluss ändern oder aufheben oder auf Antrag eines Beteiligten wegen veränderter Umstände eine Änderung oder Aufhebung vornehmen. Eine solche Änderung der Umstände liege in der erneuten Auswahlentscheidung des Ministeriums. Andernfalls dauere das Verbot, die Stelle zu besetzen, für das gesamte Stellenbesetzungsverfahren an, weshalb ein legitimes Interesse an der Abänderung bestehe.

Im Rahmen der Entscheidung hat der Bayerische VGH zudem zwei für die Praxis sehr wichtige Punkte klargestellt:

  • Mit Erlass einer neuen Auswahlentscheidung wird die bisher bestehende konkludent aufgehoben und entfaltet keine Rechtswirkungen mehr. Damit besteht für etwaige noch anhängige Rechtsmittel, also einen Widerspruch oder eine schon beim Gericht anhängige Hauptsacheklage, kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, diese werden damit unzulässig.
  • Maßgeblicher Zeitpunkt für die wiederholte Auswahlentscheidung ist nicht derjenige der ersten Auswahlentscheidung, sondern der Zeitpunkt der wiederholten. Maßgeblich sind damit insbesondere auch die dienstlichen Beurteilungen oder etwaige Anlassbeurteilungen zum Zeitpunkt der wiederholten Auswahlentscheidung.

Ihr Ansprechpartner: Dr. Peter Sieben, Stuttgart

Kostenlose Kopie der Pa­ti­en­ten­ak­te

Mit Urteil vom 26.10.2023, C-307/22, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf Vorlage des Bundesgerichtshofs entschieden, dass Patienten gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO ein Recht auf Erhalt einer kostenlosen Kopie der gesamten Patientenakte zusteht. Eine diesem Grundsatz entgegenstehende nationale Regelung (§ 630g Abs. 2 S. 2 BGB) ist unionsrechtswidrig, da nationale Gesetze den Patienten nicht die wirtschaftliche Last einer ersten Kopie übertragen dürfen. Patienten müssen ferner keinen Grund für einen Antrag auf Übersendung der Kopie angeben. Der Anspruch umfasst sämtliche Dokumente in der Patientenakte, die zum Verständnis der enthaltenen personenbezogenen Daten erforderlich sind, wie etwa Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen. Der Anspruch betrifft laut EuGH allerdings nur die erste Kopie. Wird eine weitere gewünscht, können die entsprechenden Kosten den Patienten in Rech­nung gestellt werden.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

Berliner Obergrenze für monatliche Zuzahlungen der Eltern für die Betreuung in Kindertagesstätten ist unwirksam

Die in Berlin für zusätzliche Leistungen freier Träger von Kindertagesstätten geltende strikte Obergrenze für monatliche Zuzahlungen der Eltern ist mit dem Anspruch der freien Jugendhilfeträger auf gleichheitsgerechte Beteiligung am staatlichen System der Kindertagesstättenfinanzierung unvereinbar, sie verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. den §§ 3 ff. SGB VIII.

Seit 2018 ist in Anlage 10 Abs. 6 der Berliner Rahmenvereinbarung über die Finanzierung und Leistungssicherstellung der Tageseinrichtungen (RV Tag) vorgesehen, dass freie Träger mit den Eltern nur noch Zuzahlungen von maximal 90 Euro pro Kind und Monat inklusive 30 Euro für Frühstück und Vesper vereinbaren dürfen. Diese Obergrenze hat das BVerwG mit Urteil vom 26.10.2023 – 5 C 6.22 – für unwirksam erklärt. Vorrangiger bundesrechtlicher Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der Finanzierungssysteme der Länder im Bereich der Kindertageseinrichtungen sei, wie das Bundesverwaltungsgericht bereits im Jahr 2010 in einem von der Anwaltskanzlei Quaas & Partner geführten Verfahren entschieden hatte, der allgemeine Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Hierbei sei insbesondere der Grundsatz der Trägerpluralität § 3 Abs. 1 SGB VIII zu beachten. Danach darf bei der Ausgestaltung der Förderung grundsätzlich nicht nach Wertorientierungen oder Inhalten, Methoden und Arbeitsformen der freien Träger differenziert werden. Diese sind vielmehr wegen der ihnen gewährleisteten Autonomie gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII befugt, in ihrem pädagogischen Leistungsangebot auch über das hinauszugehen, was Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder andere freie Träger für erforderlich halten. Dies schließt das Recht ein, die hierfür notwendigen und nicht durch die öffentliche Förderung abgedeckten Mittel durch Zuzahlungen von Seiten der Eltern zu erheben, wenn ein deren Wunsch- und Wahlrecht § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII entsprechender Bedarf besteht.

Die in der RV Tag, die das BVerwG als untergesetzliche Rechtsnorm (Normvertrag) eingeordnet hat, vorgesehene strikte Zuzahlungsbegrenzung hält nach Auffassung des 5. Senates des BVerwG den vor diesem Hintergrund erforderlichen strengen Anforderungen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand. Sie verfolgt zwar einen legitimen Zweck – denn sie soll der Absicherung der in Berlin eingeführten (weitgehenden) Elternbeitragsfreiheit dienen und zur Verwirklichung von Chancengleichheit bei der Inanspruchnahme von Tagesstättenplätzen die ökonomischen Zugangsschwellen möglichst niedrig halten. Zur Erreichung dieses Zwecks sei sie auch geeignet und erforderlich. Die Regelung erweise sich allerdings als unangemessen, weil sie das vom Bundesgesetzgeber mit einem hohen Rang versehene Rechtsgut der Trägerpluralität bei Überschreiten der Zuzahlungshöchstgrenze ausnahmslos zurücktreten lässt. Sie berücksichtige nicht, ob der jeweilige Träger zur Verwirklichung seiner gewählten pädagogischen Zielsetzung zwingend auf eigene Einnahmen angewiesen sei, die er durch Zuzahlungen decken wolle. Die Unwirksamkeit der Regelung (Anlage 10 Abs. 6 RV Tag) führt auch dazu, dass es an der Rechtsgrundlage für die vom beklagten Land vorgenommene Kürzung der Kostenerstattung (§ 7 Abs. 2 RV Tag) fehlt. Das beklagte Land war daher zur Zahlung einbehaltener Gelder in Höhe von 200.000 Euro an den freien Träger, der geklagt hatte, zu verurteilen.
Ihr Ansprechpartner: Dr. Moritz Quaas, Stuttgart

Lärmschutz vor Wolfsabwehr? Herdenschutzhunde sind im Einzelfall laut OVG Münster nachts einzuschließen!

Aufsehen hat ein Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen v. 04.10.2023 – 8 B 833/23 zu Herdenschutzhunden für die Abwehr von Wölfen erregt: Das Gericht hat Eilrechtsschutz gegen eine Verfügung versagt, die einer Nebenerwerbslandwirtin auferlegte, ihre für über 40 Nutztiere als Wolfsabwehr in einem festgelegten „Wolfsgebiet“ eingesetzten sieben Herdenschutzhunde wegen deren anhaltenden nächtlichen Gebells zum Schutz umliegender Wohnnutzung in einem Dorfgebiet nachts sowie sonn- und feiertags während der Ruhezeit in einem geschlossenen Gebäude unterzubringen. Die Entscheidung hat harsche Kritik insbesondere von Landwirtschaftsverbänden verursacht. Sie muss jedoch im Kontext des Einzelfalles betrachtet werden: Das Gericht hat zunächst betont, dass Gebell von Herdenschutzhunden zwar aufgrund der Wiederansiedlung des Wolfes in landwirtschaftlich geprägten Gebieten ortsüblich werden könne. Dies bedeute aber keinen generellen Vorrang vor dem Gesundheitsschutz betroffener Anwohner. Die somit trotzdem erforderliche Güterabwägung im Einzelfall bei der Beurteilung der Zumutbarkeit des nächtlichen Hundegebells ging hier nach Ansicht des Gerichts zulasten der Hundehalterin aus. Denn sie habe nach Ansicht des Gerichts nicht überzeugend begründet, dass sie ihre Nutztiere nachts nicht in dem zur Verfügung stehenden Stall unterbringen könne. Sie habe auch nicht ausreichend dargelegt, weswegen ein Elektrozaun im konkreten Fall nicht ausreiche. Zudem sei zur Qualifikation und Anzahl der Herdenschutzhunde nicht so vorgetragen worden, dass das Interesse an deren nächtlichem Einsatz überwogen werde. Der Beschluss zeigt damit hohe Anforderungen an den Sachvortrag für den Einsatz von Herdenschutzhunden gegen Wölfe auf, wenn Nachbarn sich wegen Hundegebells beschweren.
Ihr Ansprechpartner: Prof. Dr. Alexander Kukk, Stuttgart

Wechsel des Prüfverfahrens

In einem von uns vertretenen Verfahren vor dem LSG NRW hat der 10. Senat am 18.10.2023 – L 10 KR 226/22 KH – entschieden, dass ein Wechsel des Prüfverfahrens von einem Begehungsverfahren in ein schriftliches Verfahren nur innerhalb der 6-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V a.F. möglich ist. Er bezieht sich hierbei auch auf die Entscheidungsgründe des BSG-Urteils vom 18.05.2021 – B 1 KR 32/20 R. Darin hat das BSG entschieden, dass weder das SGB V noch die PrüfvV 2014 einen Wechsel des Prüfverfahrens innerhalb der 6-Wochen-Frist nach § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V ausschließen. Daraus, dass das BSG explizit auf die 6-Wochen-Frist abstellt und nicht ohne diesen konkreten Bezug formuliert habe, dass weder SGB V noch PrüfvV 2014 einen Wechsel des Prüfverfahrens ausschließen, folgert das LSG NRW, dass auch nach Ansicht des BSG der § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V a.F. die Möglichkeit des Wechsels des Prüfverfahrens zeitlich begrenzt. Zur weiteren Begründung führte das LSG den Beschleunigungsgrundsatz an, sowie die Planungssicherheit des Krankenhauses, mit welchem Prüfungsverfahren es sich konfrontiert sieht. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Ihr Ansprechpartner: Valentin Wende, Dortmund

Verjährung von Aufwandspauschalen

Mit Beschluss vom 18.09.2023, B 1 KR 6/23 B, hat das BSG in einem von uns geführten Verfahren um eine Nichtzulassungsbeschwerde der Krankenkasse gegen eine Entscheidung des LSG NRW vom 07.12.2022 (L 10 KR 102/22 – wir berichteten) bestätigt, dass der Anspruch eines Krankenhauses auf Erstattung der Aufwandspauschale entsprechend dem in § 45 SGB I zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken einer vierjährigen Verjährungsfrist unterliegt.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

Schadensersatz bei Verlegung ohne sachlichen Grund

Krankenhäuser haben gemäß ständiger Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07.03.2023, B 1 KR 4/22 R – wir berichteten) durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass vorzeitige Verlegungen ohne sachliche Gründe unterbleiben.  Bei einem Verstoß liegt eine Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 BGB vor, die zu einem Schadensersatzanspruch der Krankenkassen in Höhe der durch die Verlegung verursachten Mehrkosten führen kann. Einschlägig ist diese Doktrin insbesondere in denjenigen Behandlungsfällen, in denen Versicherte nach einem operativen Eingriff zur Vornahme einer notwendigen geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung in ein anderes Krankenhaus verlegt werden.
Das Sozialgericht Gelsenkirchen hat diesbezüglich mit Urteil vom 25.05.2023, S 46 KR 3167/19, entschieden, dass nur so lange eine geriatrische Fachabteilung im konkreten Fall noch Kapazitäten zur Behandlung aufweist, eine Verlegung nach außerhalb als Verstoß gegen den bestehenden Versorgungsauftrag zu werten sein könne. Sind hingegen die Kapazitäten erschöpft, besteht ein Ressourcenengpass, welcher wiederum einen sachlichen Grund für eine Verlegung darstellt. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass dem Krankenhaus eine entsprechende Planungshoheit bei der konkreten Belegungsplanung der bestehenden Krankenhausbetten zuzusprechen sei, so dass nicht stets eine Vollauslastung gefordert werden könne. Auch das BSG geht in seiner Entscheidung vom 07.03.2023, B 1 KR 4/22 R, davon aus, dass Krankenhäuser bei Prüfung ihrer Versorgungskapazitäten eine realistische Kapazitätsreserve für nicht planbare Behandlungen berücksichtigen müssen. Gegen die Entscheidung des SG Gelsenkirchen ist vor den LSG NRW ein Berufungsverfahren anhängig.
In einer Entscheidung vom 27.02.2023, S 91 KR 2606/20, hat hingegen das SG Berlin festgestellt, dass der alleinige Wunsch des Versicherten ohne nähere Begründung keinen sachlichen Grund für eine Verlegung darstellen könne. Die im SGB V geregelte freie Krankenhauswahl gelte lediglich für den Fall der (Erst-) Einweisung. Der Gesetzgeber habe damit die Wahl des Krankenhauses aus Gründen der Wirtschaftlichkeit eingeschränkt; dieser Grundsatz müsse auch bei einem Krankenhauswechsel gelten. Zwingende Gründe subjektiver Art für die Wahl eines Krankenhauses könnten jedoch beispielsweise Erfahrungen des Versicherten oder seiner Angehörigen mit der Behandlung in einem bestimmten Krankenhaus sein, ferner könne auch die Wohnortnähe als Grund für die Verlegung in Betracht kommen. Diese Gründe müssen allerdings plausibel dargelegt und vor allem eindeutig dokumentiert werden.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

BSG schränkt seine „Schockraum-Rechtsprechung“ ein

Mit vielfach kritisiertem Urteil vom 18.05.2021 (B 1 KR 11/20 R) hatte das BSG entschieden, dass selbst intensive Maßnahmen der Erstbehandlung eines mit dem Rettungswagen eingelieferten Patienten in dem Schockraum eines Krankenhauses lediglich eine „Aufnahmeuntersuchung“ darstellen, keine stationäre Aufnahme begründen und daher der ambulanten Notfallbehandlung zuzurechnen seien, wenn sich keine stationäre Behandlung im erstangegangenen Krankenhaus anschließt.

Diese Rechtsprechung hat das BSG nun mit Urteil vom 29.08.2023 (B 1 KR 15/22 R) korrigiert und festgestellt, dass abweichend vom „Schockraum-Urteil“ nunmehr für eine konkludente stationäre Aufnahme regelhaft und nicht nur in ganz besonderen Ausnahmefällen eine kurzzeitige Notfallbehandlung im erstangegangenen Krankenhaus bei zeitnaher Verlegung in ein anderes Krankenhaus ausreicht. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass der Einsatz der „besonderen Notfallbehandlung“ im Krankenhaus eine „hohe Intensität“ aufweise, was sich bereits aus dem Einsatz verschiedener und in ihrem engen zeitlichen und örtlichen Verbund nur stationär verfügbarer diagnostischer Maßnahmen ergeben könne – mithin der Behandlung in einem Schockraum oder einer stroke unit.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund