Auszeichnungen

Das Magazin Wirtschaftswoche zählte die Kanzlei auf Basis einer unabhängigen Datenerhebung und der Entscheidung einer Expertenjury wiederholt zu einer von Deutschlands Top-Kanzleien im Medizinrecht und hat Frau Rechtsanwältin Dr. Heike Thomae wiederholt als „Top Anwältin“ empfohlen; sie zählt danach auch auch in 2025 zu den renommiertesten Anwält:innen für Medizinrecht für Ärzte, Kliniken und Pharmaunternehmen.

Die Kanzlei ist seit 2020 in jedem Jahr in der Liste derBesten Wirtschaftskanzleien“ von brand eins und Statista platziert. Die Auszeichnung basiert auf einem unabhängigen zweistufigen Erhebungs- und Bewertungsverfahren, das Empfehlungen von Experten sowie von Inhouse-Juristen aus mittleren und großen Unternehmen berücksichtigt und damit tausende von Urteilen bündelt.

Das Handelsblatt hat 2024 zum 16. Mal das Ranking Deutschlands Beste Anwälte veröffentlicht und wir freuen uns über die Auszeichnungen  „Anwalt des Jahres“ für Prof. Dr. Michael Quaas. Der US-Verlag Best Lawyers ermittelt diese Bestenliste jährlich auf Basis einer Umfrage unter Wirtschaftsanwälten. Diese geben an, welche ihrer Kolleginnen und Kollegen sie in bestimmten Rechtsgebieten für besonders qualifiziert halten; die Kanzlei zählt demnach u.a. in den Rechtsgebieten „Gesundheitsrecht“ und „Öffentliches Wirtschaftsrecht“ zu „Deutschlands Besten Anwälten 2024“.

Für BUSINESS TODAY zählt Prof. Dr. Michael Quaas zu den „Top 10 Influential Healthcare Lawyers in Germany„: „Michael Quaas, working with Quaas & Partner, has earned a reputation for his extensive experience advising on hospital financing, planning and reimbursement. Beyond his lawyer duties, Quaas is also a noted author, having published countless articles, monographs and manuals related to medicine law and hospital law.“ („Michael Quaas hat sich einen guten Ruf für seine umfassende Erfahrung in der Beratung zu Krankenhausfinanzierung, -planung und -vergütung erworben. Über seine Anwaltstätigkeit hinaus ist er auch ein bekannter Autor, der unzählige Artikel, Monographien und Handbücher zum Thema Medizin- und Krankenhausrecht veröffentlicht hat“).

Aktuelles

Anforderungen an das Erörterungsverfahren als Prozessvoraussetzung

Das Sozialgericht Bremen hat sich in einer interessanten Entscheidung vom 16.09.2025, S 55 KR 113/23 KH, mit der Zulässigkeit der Klage einer Krankenkasse gegen ein Krankenhaus auf Erstattung von Behandlungskosten befasst. In dem zugrundeliegenden Fall aus 2022 hatte die Krankenkasse nach Durchführung des Prüfverfahrens dem Krankenhaus die leistungsrechtliche Entscheidung mit Bezifferung des Erstattungsbetrages übermittelt. Das Krankenhaus widersprach, so dass die Krankenkasse das Erörterungsverfahren gemäß § 9 der PrüfvV 2022 einleitete. Der erneut eingeschaltete MD blieb in einem zweiten Gutachten bei seiner Auffassung, woraufhin die Krankenkasse ohne erneute Kontaktaufnahme und ohne Übersendung des Gutachtens an das Krankenhaus feststellte, dass das Erörterungsverfahren ohne Einigung abgeschlossen sei und anschließend strittige Forderung im Klagewege geltend machte. Das Krankenhaus wandte ein, das Erörterungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, da die Kasse lediglich den MD erneut beauftragt habe, ohne dass es eine inhaltliche Diskussion zwischen den Beteiligten gegeben hätte.

Das Gericht gab der Krankenhausseite Recht und wies darauf hin, dass das gemäß § 17c Abs. 2b KHG vor Klageerhebung erforderliche Erörterungsverfahren eine von Amts wegen zu prüfende besondere Prozessvoraussetzung sei. Der Begriff der Erörterung setze einen mündlichen oder schriftlichen ausführlichen und detaillierten Diskurs, einen umfassenden Austausch der Argumente und damit eine Diskussion über die Rechtmäßigkeit der betroffenen Abrechnung voraus. Werde das Erörterungsverfahren nur der äußeren Form nach ohne einzelfallbezogene Diskussion durchlaufen, sei eine Klage unzulässig. Die Durchführung des Erörterungsverfahrens werde vorliegend auch nicht nach den Regelungen der PrüfvV fingiert. Das Krankenhaus habe eine Mitwirkung nicht verweigert.  Zwar könnte auf Seiten der Krankenkasse eine Verweigerung der zwar konkludent in ihrem Verhalten – also der umgehenden Beendigung des Erörterungsverfahrens ohne Ermöglichung eines inhaltlichen Austausches zu den Ergebnissen des neuen MD Gutachtens – gesehen werden. Die Regelung über die Fiktion des Erörterungsverfahrens bei Verweigerung der Erörterung oder fehlender Mitwirkung des Krankenhauses oder der Krankenkasse nach § 9 Abs. 11 PrüfvV sei insofern aber teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass sie nur in den Fällen eintritt, in denen der jeweilige Anspruchsgegner eine inhaltliche Erörterung durch Verweigerung oder fehlende Mitwirkung torpediert. Nur in diesem Fall bedürfe es der Fiktion des Erörterungsverfahrens, damit der potentielle Beklagte ein Klageverfahren nicht alleine dadurch blockieren könne, dass er die Erörterung verweigert bzw. am Erörterungsverfahren nicht mitwirkt.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

„Bauturbo“ am 30.10.2025 in Kraft getreten – dringender Handlungsbedarf für Gemeinden!

Das „Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung“ ist aufgrund Bekanntmachung im BGBl I Nr. 257 am 30.10.2025 in Kraft getreten. Damit ist der „Bauturbo“ nach langem Ringen nunmehr Gesetz geworden.

I. Inhalt des neuen Rechts

Die größte Bedeutung hat § 246e BauGB, die „befristete Sonderregelung für den Wohnungsbau“. Er ermöglicht Wohnungsbau ohne Bauleitplanung, allein mit Zustimmung der Gemeinde. Diese Zustimmung „erteilt“ die Gemeinde gemäß § 36a Abs. 1 Satz 2 BauGB schon dann, „wenn das Vorhaben mit ihren Vorstellungen von der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung vereinbar ist“. Sie kann nach Satz 3 die „Bedingung“ stellen, „dass der Vorhabenträger sich verpflichtet, bestimmte städtebauliche Anforderungen einzuhalten“. Im Übrigen muss das unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar sein. Zudem ist eine überschlägige Prüfung auf erhebliche Umweltauswirkungen, im Bejahensfall eine strategische Umweltprüfung erforderlich (§ 246e Abs. 2 BauGB). Außenbereichsflächen sind gemäß § 246e Abs. 3 BauGB bebaubar, wenn sie „im räumlichen Zusammenhang mit Flächen stehen, die nach § 30 Abs. 1, Abs. 2 oder § 34 [BauGB] zu beurteilen sind“, also zu beplanten oder bebauten Flächen. Eine genauere Eingrenzung enthält das Gesetz nicht; gemäß Gesetzesmaterialien ist jedenfalls ein Abstand von 100 Metern zum bebauten Bereich nicht mehr ausreichend. Die Vorschrift erinnert an den wegen Europarechtswidrigkeit aufgehobenen § 13b BauGB.

Wohnbauvorhaben profitieren zudem von Erleichterungen bei Befreiungen gemäß § 31 Abs. 3 BauGB und beim Abweichen vom Einfügen im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 Abs. 3b BauGB. § 9 Abs. 1 Nr. 23a BauGB erweitert die Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan auf abweichend von der TA Lärm zu bestimmende Werte zum Schutz vor Geräuschimmissionen. § 216a BauGB sieht bei Unwirksamkeit solcher Festsetzungen nachträgliche Anordnungen von lärmmindernden Maßnahmen vor, aber nur mit Einschränkungen zu Lasten der geräuschverursachenden Anlagen und bei Kostenübernahme durch die Gemeinde, den Vorhabenträger oder einen Eigentümer oder Nutzungsberechtigten.

Das bedeutet: Das Erfordernis der Bauleitplanung wird insoweit vorerst bis 31.12.2030 aufgegeben; die Planungshoheit der Gemeinde auf einen eingeschränkten Zustimmungsakt reduziert, wenn sie nicht selbst Baurechtsbehörde ist. Mit der gesetzgeberischen „Brechstange“ wird experimentell eine weitreichende Abweichung von planungsrechtlichen Vorgaben für Wohnungsbau zugelassen, um statt jahrelanger Planungsprozesse nur noch die in der Landesbauordnung vorgesehenen raschen Zeitabläufe für die Erteilung einer Baugenehmigung vorzusehen. Die planerische Abwägung wird ausgeschaltet; die Öffentlichkeitsbeteiligung auf eine bloße Möglichkeit nach § 36a Abs. 2 BauGB reduziert. Interessant dürfte in diesem Zusammenhang das „Umsetzungslabor Bau-Turbo“ im Projektzeitraum Oktober 2025 bis März 2026 werden, www.umsetzungslabor-bauturbo.de.

II. Dringender Handlungsbedarf für Kommunen

Gemeinden sollten nun keinesfalls einfach abwarten. Als erste Reaktion dringend zu empfehlen ist, dass Gemeinden über eine einheitliche und zielführende Anwendung des „Bauturbos“ entscheiden: Dies gilt sowohl für Ablehnungen als auch für bedingte Erteilungen der Zustimmung nach § 36a BauGB. Für das maßgebliche Kriterium, ob das Vorhaben mit den kommunalen Vorstellungen der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung vereinbar ist, sollten Gemeinden klare Kriterien entwickeln, weil ihre Entscheidungen unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu einer rechtlichen Bindung führen können. Es bietet sich an, Leitlinien im Sinne einer Verwaltungspraxis für unterschiedliche, aufgrund des „Bauturbos“ für rasche Wohnbebauung in Betracht kommende Flächentypen zu entwickeln und ggf. einen Gemeinderatsbeschluss zu fassen. Erst recht gilt dies für die Zustimmung unter Bedingungen, die sinnvollerweise in einen städtebaulichen Vertrag gekleidet werden. Artenschutz und Denkmalschutz bleiben als separate Eingriffsverbote unberührt.

Für das weitere Erfordernis der überschlägigen Prüfung erheblicher Umweltauswirkungen sollten Gemeinden Klarheit schaffen, ob in den für § 246e BauGB in Betracht kommenden Gebieten Umweltinformationen vorliegen oder als geeignete Datengrundlage für eine solche spätere Prüfung gesammelt werden.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Alexander Kukk, Stuttgart

Krankenhausplanung NRW: Land NRW setzt den Sofortvollzug bzgl. der LG 16.5 Tiefe Rektumeingriffe aus

In zwei von uns geführten Beschwerdeverfahren vor dem OVG NRW hat das beklagte Land nun selbst die sofortige Vollziehung der Feststellungsbescheide bezogen auf die Nichtzuweisung der LG 16.5 Tiefe Rektumeingriffe bis auf weiteres aufgrund ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner Auswahlentscheidung ausgesetzt (13 B 327/25 und 13 B 369/25). Zur Begründung verweist das Land auf fehlerhaft übertragene Fallzahlen, die sich zu Ungunsten der von uns vertretenen Krankenhäuser ausgewirkt haben. Beide Krankenhäuser können nun die tiefen Rektumeingriffe weiter erbringen.
Ihre Ansprechpartnerin: Dr. Heike Thomae, Dortmund

Erfolgreiche Beschwerde im Krankenhausplanungsrecht zur LG 16.2 Lebereingriffe

In einem von uns geführten Verfahren hat das OVG NRW mit Beschluss vom 22.10.2025 – 13 B 297/26 – den Beschluss des VG Düsseldorf teilweise geändert und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Ablehnung der LG 16.2 Lebereingriffe bis auf weiteres angeordnet.

Die Auswahlentscheidung erweist sich voraussichtlich rechtswidrig, weil nach den vom Land NRW herangezogenen Kriterien und Fallzahlen die Antragstellerin besser geeignet sei. In Bezug auf die LG 14.4 Revision Knie wies das OVG NRW die Beschwerde zurück, weil die berücksichtigten Krankenhäuser sowohl von den Fallzahlen her als auch bezüglich der Auswahlkriterien besser geeignet seien. Das Krankenhaus darf nun bis zu einer erneuten Entscheidung des Landes NRW, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, Lebereingriffe weiter behandeln.
Ihre Ansprechpartnerin: Dr. Heike Thomae, Dortmund

BSG: Abschläge der Notfallstufenregelung für nicht teilnehmende Krankenhäuser nichtig

Das BSG hat sich mit Urteil vom 02.04.2025 (B 1 KR 25/23 R) mit den Regelungen des G-BA zum gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern auseinandergesetzt und festgestellt, dass es der GBA versäumt habe, nachvollziehbare Kriterien für die Nichtteilnahme zu definieren. Für die bislang erhobenen pauschalen Abschläge in Höhe von 60 Euro je vollstationärem Fall bestand von Anfang an keine gültige Rechtsgrundlage. Wir berichteten hierüber bereits. Nunmehr liegen die schriftlichen Urteilsgründe vor. Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen. Aus der Nichtigkeit ergibt sich ein Anspruch der betroffenen Krankenhäuser auf Rückzahlung geleisteter Abschlagsbeträge. Die Kostenträger haben die Abschläge ohne rechtlichen Grund erhalten und sind zur Erstattung verpflichtet. Die Rückforderung kann rückwirkend ab dem Beginn der Abschlagszahlungen geltend gemacht werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die gesetzlichen Verjährungsfristen eingehalten werden. Maßgeblich ist hier zumindest die zweijährige Frist gemäß § 109 SGB V. Demnach wären Rückforderungen für die Jahre 2023 bis 2025 noch möglich. Ob die Zahlungen aus weiter zurückliegenden Jahren noch zurückgefordert werden können, wird derzeit diskutiert und hängt von der rechtlichen Einstufung des Rückforderungsanspruches ab.

Wir empfehlen, Rückforderungsansprüche gegenüber den Kostenträgern noch vor dem 31.12.2025 geltend zu machen, um eine mögliche Verjährung für das Jahr 2023 zu verhindern. Gfg. sollten Verjährungsverzichtserklärungen eingeholt werden. Einige Krankenkassen verhandeln derzeit bereits Verzichtserklärungen mit den Krankenhäusern. Im Rahmen von Budgetverhandlungen sollten keine neuen Abschlagsvereinbarungen akzeptiert werden. Bereits vereinbarte Abschläge für 2025 sollten nachverhandelt werden. Bei aktuellen Rechnungen sollte der Abschlag nicht mehr oder nur unter Vorbehalt ausgewiesen werden.
Ihre Ansprechpartnerin: Dr. Heike Thomae, Dortmund

Strukturmerkmal der „täglichen Verfügbarkeit“

Häufig sind die Voraussetzungen der Kodierung von Komplexcodes des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) durch Krankenhäuser Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. In mehreren vor dem LSG NRW anhängigen Verfahren ging es um das Merkmal der „Täglichen Verfügbarkeit (auch am Wochenende) von Leistungen der Physiotherapie“ im Rahmen derKodierung des OPS 8-98f.11 für die aufwändige intensivmedizinische Komplexbehandlung. Die beklagten Krankenkasse vertraten insofern die Ansicht, dieses Merkmal setze nicht nur das dauerhafte Vorhandensein einer Physiotherapie, sondern auch deren dokumentierte tägliche Erbringung im Einzelfall voraus. Mit Urteil vom 10.07.2025, L 5 KR 5/23, erteilte das LSG NRW diesem Ansinnen eine deutliche Absage. Im Einklang mit den erstinstanzlichen Entscheidungen wies es darauf hin, dass bereits die Verwendung des Substantivs „Verfügbarkeit“ im OPS gerade nicht für die Notwendigkeit einer täglichen „Leistungserbringung“ spreche. Schon aufgrund seiner widerspruchslosen Bedeutung könne dieser Begriff nach den durch das BSG konturierten Auslegungsvorgaben daher nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass Intensivpatienten bei bestehender Behandlungsnotwendigkeit auch am Wochenende von Physiotherapeuten behandelt werden; erst recht sei nicht zu fordern, dass ein Intensivpatient auch tatsächlich an allen Tagen – also auch an Feiertagen – durchgängig Physiotherapie erhalte. Dies ergebe sich im Übrigen auch daraus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Mindestmerkmal um ein Strukturmerkmal handele. Strukturmerkmale im Kontext des OPS seien die jeweiligen (Mindest)Voraussetzungen in personeller, technischer oder organisatorischer Hinsicht, die Krankenhäuser vorhalten müssen, um bestimmte Leistungen im Kontext eines OPS-Kodes abrechnen zu können. In Abgrenzung hierzu beschreiben die Mindestmerkmale regelmäßig die tatsächlich vom Krankenhaus zu leistenden Maßnahmen, welche gerade nicht im Wege einer erweiternden Auslegung systemwidrig in ein Strukturelement interpretiert werden dürften.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

Sturz von der Kliniktoilette

Nach einer Entscheidung des BSG vom 17.06.2025, B 2 U 6/23 R, kann der Sturz eines gesetzlich krankenversicherten Patienten von einer Krankenhaustoilette als „Arbeitsunfall“ der gesetzlichen Unfallversicherung zuzuordnen sein. Zugrunde lag die Klage einer Patientin, die wegen einer Hirnblutung auf der Schlaganfallstation eines Krankenhauses stationär behandelt wurde. Am Unfalltag begleitete sie ein Pfleger ins Badezimmer, verließ den Raum jedoch, als die Frau auf der Toilette saß, woraufhin sie stützte und sich verletzte.

Während die Vorinstanzen davon ausgingen, dass der gesamte Badezimmeraufenthalt der unversicherten privaten Sphäre zuzuordnen und keine medizinisch verordnete Mobilisierungsmaßnahme gewesen sei, sah das BSG dies differenzierter und verwies den Rechtsstreit zurück an das LSG. Zum einen gehöre die Patientin zum versicherten Personenkreis nach § 2 Abs 1 Nr 15 Buchst a SGB VII. Danach seien kraft Gesetzes u.a. Personen versichert, „die auf Kosten einer Krankenkasse stationäre Behandlung erhalten“. Ob dieser abstrakt-generell versicherten Tätigkeit als Krankenhauspatientin die konkret-individuelle Verrichtung unmittelbar vor dem Sturz – das Sitzen auf der Toilette im Badezimmer – wertend zuzurechnen sei (sachlicher Zusammenhang), müsse im Einzelfall geklärt werden. Unfallversicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung komme jedoch grundsätzlich auch infolge eigenwirtschaftlicher Verrichtungen für solche Verletzungen in Betracht, die sich aus Einrichtungen des Krankenhauses ergeben oder auf besonderen Gefahrenmomenten beruhten, die mit der stationären Unterbringung in fremder Umgebung verbunden seien. Ein Unfall könne deshalb versichert sein, wenn er auf krankenhaustypische Gefahren oder fehlende Sicherungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Maßgeblich – und vom LSG nunmehr aufzuklären – sei daher, ob den Anforderungen an die baulich-räumlichen Erfordernisse der betreffenden Krankenhaustation bzw. den Sanitäreinrichtungen Genüge getan war oder die erforderlichen Vorkehrungen nicht in ausreichendem Maß getroffen waren und sich deshalb eine darin liegende Gefahr verwirklicht habe. Sei hiernach der Toilettenbereich im Sinne der einschlägigen DIN-Normen oder VDI-Richtlinien als allgemein anerkannte Regeln der Technik normgerecht, so hätte sich bei dem Sturz keine spezifische, mit der stationären Behandlung verbundene Gefahr realisiert. Besonderes Augenmerk sei laut BSG auch darauf zu legen, dass die  Anforderungen an die baulich-räumlichen Erfordernisse der betreffenden Krankenhausstation steigen, wenn mit besonders starken körperlichen oder geistigen Einschränkungen bzw. schweren Beeinträchtigungen des jeweiligen (ggf. multimorbiden) Patientenkollektivs zu rechnen sei.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

OVG NRW: Unzureichende Bedarfsanalyse der Leistungsgruppe 7.2. Leukämie und Lymphome im Planungsbereich Regierungsbezirk Düsseldorf

In einem von uns geführten Verfahren hatte die Beschwerde zum OVG NRW z.T. Erfolg: Mit Beschluss vom 01.09.2025 – 13 B 265/25 – hat das Oberverwaltungsgericht Münster die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage eines von uns vertretenen Krankenhauses u.a. gegen die Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 7.2 „Leukämie und Lymphome“ angeordnet mit der Begründung, dass es an einer tragfähigen Bedarfsanalyse fehlt. Aufgrund einer geänderten Definition der der Leistungsgruppe zugeordneten OPS-Codes erhöhte sich die Zahl der Behandlungsfälle in 2022. Die daraufhin angehobenen Fallzahlen des Landes NRW seien mangels tragfähiger Berechnungsmethode ohne valides Daten- und Zahlenmaterial nicht nachvollziehbar. Eine mögliche Unterversorgung sei nicht offensichtlich ausgeschlossen. Das Krankenhaus darf nun bis zu einer erneuten Entscheidung des Landes NRW, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, Leukämien und Lymphome weiter behandeln.
Ihre Ansprechpartnerin: Dr. Heike Thomae, Dortmund

Mindestmengen

Die Landessozialgerichte Schleswig-Holstein (L 5 KR 160/24) und Bayern (L 20 KR 78/25) haben sich in aktuellen Entscheidungen vom 12.06.2025 und 25.07.2025 mit der Frage der Widerlegung einer Mindestmengenprognose bei planbaren Leistungen auf Grundlage des § 136b SGB V befasst und dabei die an Krankenkassen und Krankenhäuser zu stellenden Anforderungen thematisiert. Ausgangspunkt der Prüfung seitens der Krankenkassen(-verbände) sowie der Gerichte ist die Prognose des Krankenhausträgers gemäß § 136b Abs. 5 Satz 3 SGB V, d.h. seine Darlegung, dass die erforderliche Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr auf Grund berechtigter mengenmäßiger Erwartungen voraussichtlich erreicht werde.

Diese Prognose erfordere grundsätzlich, dass der Krankenhausträger die relevanten Tatsachen plausibel schildere und aussagekräftig mit Nachweisen belege. Maßgebend seien die Verhältnisse zur Zeit der Prognoseentscheidung; spätere Entwicklungen können die Richtigkeit einer Prognose weder bestätigen noch widerlegen. Soweit die Prognose nach § 5 der Mindestmengenregelung des G-BA (Mm-R) zwar spätestens bis zum 7. August des laufenden Kalenderjahres zu übermitteln sei, folge daraus keine Präklusion eines weiteren Vorbringens des Krankenhauses nach diesem Zeitpunkt. Jedenfalls bestehe im Rahmen der Anhörung des Krankenhauses noch Gelegenheit, erkennbar unvollständige und unplausible Angaben zu konkretisieren oder zu ergänzen, so dass der Bescheid über eine Widerlegung die zeitliche Grenze für eine weitere Begründung der angegebenen Prognose bilde. Damit eine Prognose nachvollzogen werden könne, müsse die Erwartung auf eine hinreichende Tatsachengrundlage gestützt werden. Stütze sich eine Prognose auf personelle Veränderungen, strukturelle Veränderungen und weitere Umstände und seien für das Erreichen der geforderten Mindestmenge erhebliche Zuwachsquoten notwendig, genügten allgemein gehaltene Darlegungen und Erwartungen ohne quantitative Untermauerung nicht. Vielmehr seien auch aussagekräftige Belege wie beispielsweise Nachweise zu Arbeitsverhältnissen und Qualifikationen von eingestelltem Personal, die Dokumentationen von Baumaßnahmen oder konkrete Zahlen zu den erwarteten Behandlungen vorzulegen, um die Erwartung einer Fallzahlerhöhung nachzuweisen.  Für die Widerlegung der Prognose fordert § 136b Abs. 5 Satz 6 SGB V wiederum begründete erhebliche Zweifel an der Prognose im Sinne von tatsächliche Anhaltspunkten. Krankenkassen müssten sich dabei mit allen bis zu diesem Zeitpunkt ihr bekannten, die Prognose des Krankenhausträgers tragenden Argumenten/Elementen sorgfältig auseinandersetzen. Bei Unklarheiten sei zwar nicht von Amts wegen zu ermitteln, aber ggf. – einmalig – das Krankenhaus unter Fristsetzung zu ergänzendem Vortrag aufzufordern. Korrespondierend mit der unsicheren Tatsachengrundlage, auf der Prognosen naturgemäß beruhten, sei die Prognose des Krankenhauses bereits widerlegt, wenn die rechtlich relevanten Zweifel die sonstigen Umstände überwiegen, nicht erst dann, wenn die Erreichung der Mindestmenge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Lasse sich ein solches Überwiegen nicht feststellen, gehe allerdings die Einschätzung des Krankenhausträgers vor. Seien unterschiedliche Aspekte zu würdigen, die teils für die Prognose, teils gegen sie sprechen, müssten die Krankenkassen(-verbände) alle ihnen bekannten Umstände zutreffend erfassen, in ihrer Bedeutung für den konkreten Fall gewichten und schließlich nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, einer Gesamtabwägung unterziehen.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

Neue Entscheidung des VGH Baden-Württemberg zu abstandsflächenrechtlicher Privilegierung von Gebäudeaufstockungen nach § 5 Abs.5 Satz 2 LBO

Im Zusammenhang mit der Aufstockung eines bislang eingeschossigen, ca. 1,35 m bis 1,75 m von der Grenze entfernten und 1953 genehmigten Werkstattgebäudes, wurde eine Aufstockung um ein Geschoss (Nutzung als Hobbyraum) beantragt. Dagegen wurden vom unmittelbaren Nachbarn Einwendungen erhoben, die u.a. mit einem bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenverstoß begründet worden sind. Nach Erteilung der beantragten Baugenehmigung und der Zurückweisung des Widerspruchs wurde Klage erhoben, die das VG Sigmaringen unter Verweis auf § 5 Abs.5 Satz 2 LBO abgewiesen hat. Das VG urteilte dahingehend, dass die Aufstockung nach dieser Vorschrift nicht abstandspflichtig sei. Wegen angenommener grundsätzlicher Bedeutung hat das VG die Berufung zugelassen.

Mit Urteil vom 19.2.2025 – 8 S 937/23 – hat der VGH Baden-Württemberg die Berufung als unbegründet zurückgewiesen und folgende für die baurechtliche Praxis bedeutsame Überlegungen angestellt:

  • § 5 Abs.5 Satz 2 LBO sei nicht nachbarschützend.
  • § 5 Abs.7 LBO sei hingegen in vollem Umfang (wie bisher) nachbarschützend.
  • Entschiedene Einzelheiten zu § 5 Abs.5 Satz 2 LBO:
    • Keine Anrechnung auf die Wandhöhe.
    • Vorschrift privilegiere Aufstockungen derart, dass diese nicht an abstandsflächenrechtlichen Voraussetzungen zu messen seien, weil sich durch sie kein für die Abstandsfläche maßgebliches Merkmal verändere (mit Verweis auf VGH Baden-Württemberg, Urt.v.13.11.2023 – 14 S 1161/23); die Norm sei als Nichtanrechnungsbestimmung gefasst.
    • Abweichend von allgemeinen Grundsätzen finde keine abstandsflächenrechtliche Gesamtbetrachtung des Gebäudes in seiner geänderten Gestalt statt.
    • Es gebe keine Beschränkung der Aufstockung auf den vorhandenen Nutzungszweck.
    • Die Vorschrift sei mit der Eigentumsgarantie des Art.14 GG vereinbar.
    • Der Begriff der „Aufstockung um bis zu zwei Geschosse“ sei hinreichend bestimmt. Als unbestimmter Rechtsbegriff genüge er diesen Anforderungen, obwohl er weder in der LBO noch einer anderen Norm definiert ist.
    • Es sei möglich, dass Aufstockungen mit Geschossen von erheblicher Höhe zulässig sind. Dies führe jedoch nicht dazu, dass die Norm „mangels Höhenbegrenzung unbestimmt“  und damit verfassungswidrig wäre.
    • Es liege im konkreten Fall keine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme vor; jedoch könne im Geltungsbereich von § 5 Abs.5 Satz 2 LBO nicht mehr argumentiert werden, dass das Rücksichtnahmegebot „zumindest aus tatsächlichen Gründen“ im Regelfall nicht verletzt sei, wenn die Abstandsvorschriften eingehalten sind.

Das Urteil des VGH legt die Vorschrift des § 5 Abs.5 Satz 2 LBO sehr weit aus und ist für Bauherren und Behörden vorteilhaft und praxistauglich – für Nachbarn aber nachteilig. Die These „Nachverdichtung schlägt Nachbarrechte“ (Kukk/Riehle, VBlBW 2024, 8 ff.) wird vom VGH nachdrücklich bestätigt. Durch die seit 23.06.2025 anwendbare Novelle der LBO ändern sich aber Inhalt und Reichweite der Vorschrift. Neu ist, dass alle Maßnahmen nach § 5 Abs. 5 Satz 2 Nr.1 LBO der Schaffung oder Erweiterung von Wohnraum dienen müssen. Die bisherige Nutzungsneutralität ist damit weggefallen.
Dipl.-Verwaltungswirt (FH) Günther Riehle, Rechtsanwalt Prof. Dr. Alexander Kukk