EuGH: Verbindliche Honorare der HOAI verstoßen gegen Europarecht

Der EuGH hat mit Urteil vom 04.07.2019 – nach den Schlussanträgen des Generalanwalts nicht mehr allzu überraschend – entschieden, dass die Mindest- und Höchstsätze der HOAI gegen Artikel 15 Richtlinie 2006/123/EG vom 12. Dezember 2006 (Dienstleistungsrichtlinie) verstoßen. Der EuGH begründet dies ausschließlich damit, dass Planungsleistungen in Deutschland auch von Dienstleistern erbracht werden können, die keine Architekten oder Ingenieure sind, deshalb nicht den Regelungen der HOAI unterfallen, und damit das von der Bundesrepublik Deutschland verfolgte Ziel, durch die Honorarvorgaben eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu gewährleisten, nicht erreicht werden kann. Das ist zumindest insoweit nicht richtig, als dass nach sämtlichen Landesbauordnungen bestimmte Qualifikationsanforderungen an diejenigen Personen gestellt werden, die als Entwurfsverfasser einen förmlichen Bauantrag stellen können (vgl. etwa § 43 LBO BW). Dies ändert aber nichts daran, dass der EuGH die verbindlichen Honorare der HOAI für insgesamt als europarechtswidrig beurteilt hat.
Der EuGH hat keine Übergangsfrist für eine etwaige Anpassung vorgesehen, weshalb die Berufung auf die Mindest- und Höchstsätze der HOAI in sämtlichen Architekten- und Ingenieurverträgen nicht mehr erfolgversprechend ist. Soweit allerdings in Verträgen die HOAI ausdrücklich vereinbart wurde, behalten diese Vereinbarungen ihre Gültigkeit. Wenn sich aber etwa Architekten im Honorarstreit darauf berufen, es liege eine Mindestsatzunterschreitung vor und das Honorar sei entgegen der getroffenen Vereinbarung nach den Mindestsätzen der HOAI zu bestimmen, geht diese Argumentation jetzt ins Leere.
Der EuGH hat aber ausschließlich die Honorarordnung der HOAI verworfen, nicht aber deren übrige, weit darüber hinausgehenden Regelungen. Das heißt auf die Regelung etwa zu den Zahlungen, Nebenkosten oder die Leistungsbilder der HOAI kann nach wie vor zurückgegriffen werden. Daneben ist es natürlich immer noch möglich, anhand der HOAI das Honorar vertraglich zu vereinbaren. Es empfiehlt sich daher, eine solche Bezugnahme ausdrücklich im Vertrag zu regeln.
Daneben besteht ab sofort aber die Möglichkeit, das Honorar nach anderen Kriterien zu vereinbaren, etwa nach Aufwand oder auch pauschaliert. Unter anderem die Bundesarchitektenkammer und der Verband Beratender Ingenieure haben schon angekündigt, in Zusammenarbeit mit dem Bundeswirtschaftsministerium zeitnah Empfehlungen hierfür zu veröffentlichen.
Ihr Ansprechpartner: Dr. Peter Sieben

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