Nachsorgepflichten eines Krankenhauses

Mit Urteil vom 4. Juni 2024, VI ZR 108/23, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Zivilverfahren um die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen festgestellt, dass Krankenhäuser verpflichtet sind, für eine sachgerechte Nachbehandlung eines Patienten nach der Entlassung aus stationärer Behandlung zu sorgen. Im zugrundeliegenden Fall war ein ehemaliges Frühgeborenes entlassen worden, ohne dass Vorkehrungen für eine für die Erhaltung der Sehkraft elementare augenärztliche Untersuchung an einem bestimmten Termin getroffen worden waren. Bei zeigerechter Kontrolle hätte eine spätere Erblindung des Kindes verhindert werden können.

Der BGH entschied, dass Krankenhäuser unter den Voraussetzungen des § 115a SGB V zum einen berechtigt seien, gesetzlich Versicherte im Anschluss an die stationäre Krankenhausbehandlung ohne Unterkunft und Verpflegung weiter zu behandeln (nachstationäre Behandlung) und zum anderen gemäß § 39 Abs. 1a SGB V verpflichtet seien, für eine sachgerechte Anschlussversorgung nach der Krankenhausbehandlung zu sorgen (Entlassmanagement). Demnach sei es Aufgabe des Krankenhauses, in einem Entlassplan die medizinisch unmittelbar erforderlichen Anschlussleistungen festzulegen und die gebotene Anschlussversorgung fachlich zu strukturieren und zu konkretisieren sowie die vorgesehenen konkreten Abläufe mit den daran Beteiligten zu koordinieren. Vor diesem Hintergrund hätte eine Verpflichtung bestanden, die für die Erhaltung der Sehkraft des Kindes elementare augenärztliche Abschlussuntersuchung zu veranlassen. 

In diesem Sinne hätte das Krankenhaus zum Schutz des ihm anvertrauten Patienten – wenn es eine nachstationäre Behandlung nicht für erforderlich hielt – zumindest in Absprache mit den Eltern frühzeitig Kontakt mit einem weiterbehandelnden Augenarzt aufnehmen und für einen rechtzeitigen Termin für die Untersuchung des Patienten sorgen müssen. Dieses Versäumnis sei als Befunderhebungsfehler zu werten.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

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