Anforderungen an das Erörterungsverfahren als Prozessvoraussetzung

Das Sozialgericht Bremen hat sich in einer interessanten Entscheidung vom 16.09.2025, S 55 KR 113/23 KH, mit der Zulässigkeit der Klage einer Krankenkasse gegen ein Krankenhaus auf Erstattung von Behandlungskosten befasst. In dem zugrundeliegenden Fall aus 2022 hatte die Krankenkasse nach Durchführung des Prüfverfahrens dem Krankenhaus die leistungsrechtliche Entscheidung mit Bezifferung des Erstattungsbetrages übermittelt. Das Krankenhaus widersprach, so dass die Krankenkasse das Erörterungsverfahren gemäß § 9 der PrüfvV 2022 einleitete. Der erneut eingeschaltete MD blieb in einem zweiten Gutachten bei seiner Auffassung, woraufhin die Krankenkasse ohne erneute Kontaktaufnahme und ohne Übersendung des Gutachtens an das Krankenhaus feststellte, dass das Erörterungsverfahren ohne Einigung abgeschlossen sei und anschließend strittige Forderung im Klagewege geltend machte. Das Krankenhaus wandte ein, das Erörterungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, da die Kasse lediglich den MD erneut beauftragt habe, ohne dass es eine inhaltliche Diskussion zwischen den Beteiligten gegeben hätte.

Das Gericht gab der Krankenhausseite Recht und wies darauf hin, dass das gemäß § 17c Abs. 2b KHG vor Klageerhebung erforderliche Erörterungsverfahren eine von Amts wegen zu prüfende besondere Prozessvoraussetzung sei. Der Begriff der Erörterung setze einen mündlichen oder schriftlichen ausführlichen und detaillierten Diskurs, einen umfassenden Austausch der Argumente und damit eine Diskussion über die Rechtmäßigkeit der betroffenen Abrechnung voraus. Werde das Erörterungsverfahren nur der äußeren Form nach ohne einzelfallbezogene Diskussion durchlaufen, sei eine Klage unzulässig. Die Durchführung des Erörterungsverfahrens werde vorliegend auch nicht nach den Regelungen der PrüfvV fingiert. Das Krankenhaus habe eine Mitwirkung nicht verweigert.  Zwar könnte auf Seiten der Krankenkasse eine Verweigerung der zwar konkludent in ihrem Verhalten – also der umgehenden Beendigung des Erörterungsverfahrens ohne Ermöglichung eines inhaltlichen Austausches zu den Ergebnissen des neuen MD Gutachtens – gesehen werden. Die Regelung über die Fiktion des Erörterungsverfahrens bei Verweigerung der Erörterung oder fehlender Mitwirkung des Krankenhauses oder der Krankenkasse nach § 9 Abs. 11 PrüfvV sei insofern aber teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass sie nur in den Fällen eintritt, in denen der jeweilige Anspruchsgegner eine inhaltliche Erörterung durch Verweigerung oder fehlende Mitwirkung torpediert. Nur in diesem Fall bedürfe es der Fiktion des Erörterungsverfahrens, damit der potentielle Beklagte ein Klageverfahren nicht alleine dadurch blockieren könne, dass er die Erörterung verweigert bzw. am Erörterungsverfahren nicht mitwirkt.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

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