Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 04.11.2025 – L 11 KR 3141/25 ER-B – entschieden, dass ein konkurrierendes Krankenhaus nicht dagegen vorgehen kann, wenn eine Ausnahmeregelung zur Durchführung allogener Stammzellentransplantationen erteilt wird.
Hintergrund war folgende Fallkonstellation:
Das im Verfahren letztlich unterlegene Krankenhaus erfüllt die vom G-BA vorgegebenen Mindestmengen bei der allogenen Stammzellentransplantation bei Erwachsenen für das Jahr 2025 mit 40 Behandlungsfällen, das konkurrierende Krankenhaus, im Verfahren vor dem Sozialgericht beigeladen, nicht. Letzterem wurde daraufhin durch das Regierungspräsidium eine Ausnahmegenehmigung erteilt, die dieses berechtigte, zunächst befristet bis zum 31.12.2025 allogene Stammzellentransplantationen durchzuführen.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Anfechtungsklage und beantragte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes festzustellen, dass diese aufschiebende Wirkung hat. Dem ist das Sozialgericht in 1. Instanz gefolgt und hat entschieden, dass die Klage gegen den der Mitbewerberin erteilten Bescheid aufschiebende Wirkung hat.
Diese Entscheidung hat das LSG Baden-Württemberg mit Beschluss vom 04.11.2025 aufgehoben und begründet dies damit, dass die Antragstellerin schon nicht gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG antragsbefugt ist. Danach ist antragsbefugt grundsätzlich derjenige, der von dem Verwaltungsakt belastet wird. Dies ist in der Regel der formelle Adressat des Verwaltungsaktes, kann aber auch ausnahmsweise ein Dritter sein. Die Antragsbefugnis verläuft dabei parallel zur Klagebefugnis im möglichen Hauptsacheverfahren. Das heißt, der Kläger und Antragsteller muss eine mögliche Verletzung in einer eigenen materiellen Rechtsposition durch den Verwaltungsakt geltend machen. Dabei ist nach Auffassung des Senats schon für die Antragsbefugnis erforderlich, dass sich der Antragsteller zumindest auf eine drittschützende Norm beruft. Dementsprechend sei ein Antrag unzulässig, wenn durch den angefochtenen Verwaltungsakt offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise Rechte des Antragstellers verletzt werden könnten.
So lag der Fall hier: Das LSG führt zunächst aus, es gebe umfangreiche Rechtsprechung zur Klagebefugnis bei der sog. defensiven Konkurrentenklage, die auf Beseitigung der einem Dritten durch eine Verwaltungsmaßnahme eingeordnete Rechtsposition durch deren Anfechtung gerichtet ist und neben der schlüssigen Behauptung einer faktischen Konkurrenzsituation die Darlegung einer Verletzung in eigenen Rechten durch eine Verwaltungsmaßnahme voraussetzt. Nachdem das BSG ursprünglich eine Drittanfechtungsklage im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung nur bei Willkürentscheidungen anerkannt hatte, das Bundesverfassungsgericht aber die Beschränkung defensiver Konkurrentenklage auf Fälle besonders schwerer materiellen Mängel verfassungsrechtlich beanstandete, reicht nach dessen Rechtsprechung inzwischen für die Drittanfechtungsbefugnis, dass
- der Anfechtende und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten,
- dem Konkurrenten durch die Entscheidung die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt wird sowie
- der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen Anfechtenden nachrangig ist, was dann der Fall ist, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird.
Diese für vertragsärztliche Konkurrenten entwickelten Kriterien des BSG für eine Klagebefugnis sind nach Auffassung des LSG auf die vorliegende Fallkonstellation sich gleichberechtigt gegenüberstehende Krankenhäuser weder entsprechend anwendbar noch erfüllt. Die auf 1 Jahr begrenzte Ausnahmegenehmigung zur Erbringung allogener Stammzellentransplantationen betreffe schon nicht den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung des bereits am Markt zugelassenen Mitbewerbers, sondern lediglich einen bestimmten Leistungsbereich, was einer erheblichen grundrechtlichen Relevanz entgegenstehe. Zudem erhalte das begünstigte Krankenhaus auch keine neue Rechtsposition in Bezug auf die allogene Stammzellentransplantation, sondern behalte nur diejenige, die er bereits zuvor innegehabt hatte. Das heißt, es fehle schon an einer Schmälerung der bisherigen Erwerbsmöglichkeiten der Konkurrenten. Es fehle auch eine Gefährdung der beruflichen Existenz der Antragstellerin.
Die Antragstellerin könne sich auch nicht auf eine zu ihren Gunsten eingreifende drittschützende Norm berufen. Bei § 136 b Abs. 5 a SGB V, auf welche sich die Ausnahmegenehmigung stütze, handele es sich nicht um eine Norm, die auch zum Schutz konkurrierender Krankenhäuser zu dienen bestimmt sei und mithin Drittschutz vermittele. Darin werde weder der Kreis der geschützten Personen noch deren potentiell geschütztes Rechtsgut hinreichend klar abgegrenzt, es bedürfe auch keiner Auswahlentscheidung. Vielmehr handele es sich um eine rein krankenhausplanerische Ausnahmeregelung, die nicht vorrangig einzelne Interessen diene. Deren Ziel sei ausschließlich die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung.
Eine Klagebefugnis ergebe sich auch nicht aus entsprechender Anwendung der von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien für Drittanfechtungen von Auswahlentscheidungen im Bereich der Krankenhausplanung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werden Rechte anderer Krankenhäuser nicht berührt, wenn eine Behörde ein Krankenhaus in den Plan aufnimmt, ohne eine Auswahlentscheidung zum Nachteil eines anderen Krankenhauses zu treffen. So liege der Fall auch hier. Schließlich ergebe sich eine Anfechtungsberechtigung auch nicht unter Willkürgesichtspunkten.
Der Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Ihr Ansprechpartner: Dr. Peter Sieben, Stuttgart