Beweislastumkehr bei nicht eingeleitetem Prüfverfahren und Hinzuziehung von nicht fest angestelltem Personal

Das LSG NRW hat mit Urteil vom 02.06.2022, L 16 KR 827/20, in einem von uns geführten Verfahren die Klage einer Krankenkasse aufgrund eines Einwendungsausschlusses bei nicht eingeleitetem Prüfverfahren nachdrücklich abgewiesen. Die Kasse hatte hinsichtlich mehrerer Behandlungen im Jahre 2017 die Erstattung von Behandlungskosten unter Verweis darauf geltend gemacht, der abgerechnete OPS für eine geriatrische Komplexbehandlung (OPS 8-550) sei zu streichen, da dessen strukturelle Mindestmerkmale nicht erfüllt gewesen wären. Ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 SGB V hätte nicht durchgeführt werden müssen, da ausweislich des Qualitätsberichtes des Krankenhauses ersichtlich sei, dass dieses nicht über einen fest angestellten Psychologen, Ergotherapeuten oder Logopäden verfügt hätte.

Das LSG stellte diesbezüglich fest, es sich hier nur um eine Behauptung der Kasse „ins Blaue hinein“ gehandelt hätte. Zwar könne eine Krankenkasse nicht zur Einleitung eines Prüfverfahrens gezwungen werden; Einwendungen könne sie bei dessen Nichteinleitung jedoch nur hinsichtlich solcher Umstände machen, die unstreitig feststehen würden. Dies sei hier nicht der Fall, da die fehlende Beteiligung der maßgeblichen Berufsgruppen gerade nicht feststellbar sei. Dem Qualitätsbericht sei nur zu entnehmen, dass diesbezüglich Kooperationen mit angegliederten Praxen bestünden. § 2 Abs. 2 KHEntgG verlange jedoch nicht, dass Heilmittel im Krankenhaus nur durch von ihm angestelltes Personal abgegeben werden können, sondern nur die Erbringung der Leistungen unter seiner Weisungsdirektive, s. BSG, Urteil vom 26.04.2022, B 1 KR 15/21 R. Auch nach dem Wortlaut des OPS sei es nicht ausgeschlossen, eine Beteiligung der dort benannten Berufsgruppen nicht durch eigenes Personal, sondern über Kooperationen sicherzustellen.

Im Übrigen sei aufgrund des nicht eingeleiteten Prüfverfahrens keine weitere Prüfung der wöchentlichen Teambesprechungen anhand der Patientenunterlagen vorzunehmen. Die Krankenkasse sei hinsichtlich der von ihr begehrten Kostenerstattung insoweit beweispflichtig. Der Verzicht einer Krankenkasse auf ein Prüfverfahren bewirke jedoch eine Beweiserleichterung bis hin zur Beweislastumkehr zugunsten des Krankenhauses. Den Beweis des Nichtvorliegens der Voraussetzungen der Abrechenbarkeit des OPS und damit einer rechtsgrundlosen Zahlung könne die Kasse daher nicht mehr erbringen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

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