Das Landessozialgericht (LSG) NRW hat mit Urteil vom 05.12.2024 entschieden, dass der Rückforderung einer Krankenkasse für im Jahre 2018 vorbehaltlos gezahlte Aufwandspauschale anlässlich einer sachlich-rechnerische Prüfung aus dem Jahre 2014 der Einwand der Zahlung in Kenntnis der Nichtschuld analog § 814 BGB entgegensteht (L 16 KR 140/23). Nach § 814 BGB kann das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war.
Hintergrund der Entscheidung des LSG sind langjährige Rechtsstreitigkeiten um die Entstehung des Anspruchs auf Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1 c SGB V a. F. Das Bundessozialgericht (BSG) hatte erstmals mit Urteil vom 01.07.2014, B 1 KR 29/13 R, die Auffassung vertreten, dass bei Prüfung einer Krankenhausabrechnung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit kein Anspruch des Krankenhauses auf Zahlung einer Aufwandspauschale bestehe; dies sei nur bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung der Fall. Es sei somit von zwei unterschiedlichen Prüfregimen auszugehen. Mit weiteren Entscheidungen vom 25.10.2016 (B 1 KR 22/16 R u.a.), 28.03.2017 (B 1 KR 23/16 R) sowie 23.05.2017 (B 1 KR 24/16 R) bekräftigte das BSG diese Rechtsprechung. Gegen die Entscheidungen vom 25.10.2026, welche als sog. Leitsatzentscheidungen die Differenzierung zwischen den beiden Prüfregimen endgültig zementierten, war mit dem Vorwurf der Überschreitung der Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung durch das BSG von Krankenhausseite Verfassungsbeschwerde eingelegt worden, welche vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 26.11.2018, 1 BvR 318/17, 1 BvR 2207/17 und 1 BvR 1474/17, nicht zur Entscheidung angenommen wurde.
Der Gesetzgeber begegnete der Rechtsprechung des BSG letztlich mit einer gesetzliche Klarstellung durch die mit Wirkung ab 01.01.2016 erfolgten Anfügung eines Satzes 4 an § 275 Abs. 1c SGB V, wonach als Prüfung jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses anzusehen ist. In Fällen mit Aufnahmedatum bis zum 31.12.2015 war bei reinen sachlich-rechnerischen Prüfungen hingegen keine Aufwandspauschale zu entrichten. Hoch streitig verlieb allerdings die Frage, ob Krankenkassen berechtigt waren, bereits gezahlte Aufwandspauschalen, die dem Krankenhaus nach der Rechtsprechung des BSG nicht zugestanden hätten, zurückverlangen konnte. Hierzu stellte das BSG mit Urteil vom 16.07.2020, B 1 KR 15/19 R, fest, dass Krankenkassen dem Grunde nach hinsichtlich der für sachlich-rechnerische Prüfungen ab 01.01.2015 vorbehaltlos gezahlten Aufwandspauschalen ein Rückforderungsanspruch zustünde, da Krankenhäuser ab diesem Datum nicht mehr schutzwürdig seien. Unter welchen Voraussetzungen Erstattungsansprüche für zu Unrecht gezahlte Aufwandspauschalen in Anwendung des § 814 BGB ausgeschlossen seien, wenn Zahlungen erst nach der Publikation der Leitsatzurteile vom 25.10.2016 erfolgten, ließ das BSG offen.
Mit dieser Frage beschäftigte sich nun das LSG NRW. Im entschiedenen Fall war im Jahre 2014 eine sachlich-rechnerische Prüfung durchgeführt worden. Das Prüfergebnis, welches nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führte, lag im Jahre 2017 vor, 2018 stellte das Krankenhaus die Aufwandspauschale in Rechnung, welche die Krankenkasse zeitnah und vorbehaltlos beglich und anschließend im Klagewege zurückforderte. Das LSG NRW wies dieses Begehren zurück. Die Zahlung sei in Kenntnis der Nichtschuld erfolgt, § 814 BGB stellte insoweit eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben, welchem der 1. Senat des BSG im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung in ständiger Rechtsprechung eine herausragende Bedeutung beimesse. Eine jedenfalls ab 2017 als gefestigt anzusehende Rechtsprechung des BSG als eines obersten Bundesgerichts zur Abgrenzung beider Prüfregime würde zudem eine positive Kenntnis der Rechtslage bei einem öffentlich-rechtlichen Leistungsträger im Sinne des § 814 BGB begründen. Das BSG habe die genaue Abgrenzung zwischen dem Prüfregime der Auffälligkeitsprüfung und der Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit seit 2014 laufend bestätigt. Das BVerfG prüfe überdies nur verfassungsrechtliche Maßstäbe und sei keine weitere Revisionsinstanz, so dass sich eine Krankenkasse nicht darauf berufen könne, es sei erst mit dem Nichtannahmebeschluss des BVerfG von einer Klärung der materiellen Rechtslage auszugehen. Schließlich sei eine Krankenkasse als Körperschaft öffentlichen Rechts in besonderem Maße verpflichtet, die einschlägige Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte zu würdigen und entsprechend zu handeln. Es sei daher nicht nachzuvollziehen, dass die seinerzeitige Zahlung der Aufwandspauschale nicht mit einem Vorbehalt versehen worden sei.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
hre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund
Unzulässige Aufrechnung von Aufschlagszahlungen
Das LSG NRW hat mit Beschluss vom 09. November 2023 L 10 KR 246/23 NZB KH bestätigt, dass die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Aufschlagszahlungen im