Vergütungsanspruch bei ultima ratio Behandlungen

Mit Urteil vom 21.02.2023, S 32 KR 2389/19, hat das Sozialgericht Detmold einen Vergütungsanspruch des Krankenhauses in einer notstandsähnlichen Krankheitssituation des Versicherten aus § 2 Abs. 1a SGB V bejaht. Diese Regelung setzt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, BvR 347/98 – sog. Nikolausbeschluss) fort, wonach es mit den Grundrechten aus Artikel 2 Abs. 1 und 2 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard und dem Qualitätsgebot entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von einer Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Im entschiedenen Fall befand sich der Patient in einem therapieresistenten und absolut lebensbedrohlichen septischen Schock, für welchen als die behandelnden Ärzte als ultima ratio einen sog. Cytosorb-Filter einsetzten. Hierbei handelt es sich um ein Blutreinigungsverfahren, mit dem Entzündungsmediatoren aus dem Blut entfernt werden sollen. Zum Zeitpunkt der Behandlung lag keine positive Entscheidung des G-BA vor, es gab jedoch Fallberichte und retrospektive Studien, die über positive Einsätze von Cytosorb bei Patienten mit Sepsis berichteten. Das Sozialgericht erkannte hieraus eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf, zumal die Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsmaßstab und die abstrakte und konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung umso geringer sind, je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation des Betroffenen ist.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

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