Der VGH Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 23.11.2022 – 12 S 2224/22 – die Beschwerde des Landkreises Böblingen gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zurückgewiesen, mit dem der Landkreis im Wege einer einstweiligen Anordnung zum Nachweis eines zumutbaren Betreuungsplatzes in einer Kindertageseinrichtung verpflichtet worden ist. Die Stadt Böblingen hatte den berufstätigen Eltern eines im Dezember 2022 vier Jahre alten Kindes im Mai 2022 mitgeteilt, dass ein Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung nicht entsprechend der Bedarfsanzeige angeboten werden könne. Auf den dagegen erhobenen „Widerspruch“ verwies die Stadt auf die Zuständigkeit des Landkreises als örtlich zuständigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Daraufhin beantragten die Eltern für Ihre Tochter beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, den Landkreis Böblingen zu verpflichten, ihr einen bedarfsgerechten und zumutbaren Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung im Umfang von fünf Stunden nachzuweisen, der unter Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel in nicht mehr als 30 Minuten von ihrer Wohnung erreichbar ist.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart erließ die begehrte einstweilige Anordnung, wobei es die Zuweisung eines Platzes auf sechs Monate begrenzte, und wies den Antrag im Übrigen ab. Mit der dagegen erhobenen Beschwerde machte der Landkreis geltend, der Anspruch sei wegen Kapazitätsauslastung nicht erfüllbar und die ausgesprochene Leistung sei auf etwas Unmögliches gerichtet. Die Beschwerde des Landkreises blieb vor dem VGH erfolglos: Die Einwände des Landkreises, er könne die nach dem Gesetz unbedingte Pflicht, einen Kita-Platz zu gewährleisten, nicht erfüllen und er könne nicht zu Handlungen verpflichtet werden, die ihm unmöglich seien, seien nicht begründet. Von der gesetzlichen Pflicht zur Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots an Betreuungsplätzen entbänden den Landkreis weder der angeführte Fachkräftemangel noch andere vergleichbare Schwierigkeiten. Das Gericht verkenne nicht die Schwierigkeiten bei der Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots an Betreuungsplätzen. Diese seien jedoch nicht geeignet, den individuellen und vorbehaltlos gewährleisteten Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu relativieren. Denn ein Anspruch, der gerade dann nicht gerichtlich durchsetzbar sein solle, wenn aktuell sämtliche Plätze belegt seien, würde unter einem Kapazitätsvorbehalt stehen; der Gesetzgeber habe sich jedoch eindeutig gegen einen Kapazitätsvorbehalt entschieden. Daher sei der Anspruch auf Kapazitätserweiterung auch kurzfristig zu erfüllen, etwa über eine zeitlich begrenzte Ausnahmegenehmigung zur Überbelegung im Einzelfall nach dem Kriterienkatalog des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) mit Stand Oktober 2018.
Ihr Ansprechpartner: Dr. Moritz Quaas, Stuttgart
BSG bestätigt das in NRW landesvertraglich vereinbarte Aufrechnungsverbot
Das BSG hat mit Urteil vom 11.5.2023 – B 1 KR 14/22 R – über die Wirksamkeit von Aufrechnungen nach einem Landesvertrag über die allgemeinen