Wechsel der Prüfmethode und Anforderungen an die leistungsrechtliche Entscheidung

Eine Entscheidung des LSG Hessen 03.04.2025, L 8 KR 221/23, tangiert gleich mehrere Fragestellungen im Zusammenhang mit der Einleitung und Durchführung eines Prüfverfahrens. Wenngleich dieser ein Behandlungsfall aus dem Jahre 2019 zugrunde lag, sind die zugrunde liegenden rechtlichen Aspekte nach wie vor aktuell.

Der mit der Abrechnungsprüfung eines Krankenhauses fristgerecht beauftragte Medizinische Dienst (MD) hatte diesem gegenüber mitgeteilt, dass die Prüfung im Rahmen einer Begehung durchgeführt werde. Hiervon nahm er sodann aufgrund der COVID-19 Pandemie wieder Abstand und forderte erst mehrere Monte später die Übersendung von Unterlagen. Das Krankenhaus reagierte hierauf nicht, so dass die Krankenkasse eine leistungsrechtliche Entscheidung übersandte, in welcher sie darauf hinwies, dass aufgrund der fehlenden Mitwirkung ein Anspruch nur in Höhe des unstreitigen Rechnungsbetrages bestehe, einige Prozedurkodes (u.a. hinsichtlich einer Beatmung) aus der Prüfanzeige als strittige Punkte bezeichnete und sodann einen konkreten Erstattungsanspruch bezifferte. Diesen Betrag rechne sie in der Folgezeit auf.

Die hiergegen gerichtete Klage des Krankenhauses blieb in erster und zweiter Instanz erfolglos. Das LSG Hessen entschied, dass die vom Krankenhaus nicht übersandten Unterlagen aufgrund der fehlenden Übersendung präkludiert seien und somit nicht zur Begründung eines Vergütungsanspruchs herangezogen werden könnten. Insbesondere sei die Prüfung seitens der Krankenkasse ordnungsgemäß eingeleitet worden. Dem stünde nicht entgegen, dass der MD mit der Prüfanzeige zunächst eine Prüfung durch Begehung angekündigt hatte, da die hier einschlägige Ergänzungsvereinbarung zur Übergangsvereinbarung der PrüfvV vom 10.11.2019 bei Bedarf eine unkomplizierte Wandlung von Vor-Ort-Begehungen in Prüfungen nach Aktenlage vorsähe. Ein derartiger Wechsel der Prüfart könne auch außerhalb der 6-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 a.F. (Anm.: nunmehr 4 Monate gemäß § 275c Abs. 1 SGB V) erfolgen. An dieser Stelle tritt das LSG Hessen explizit der Rechtsprechung des LSG NRW entgegen, welches mit Urteil vom 18.10.2023 (L 10 KR 226/22 KH) entschieden hatte, dass die Möglichkeit eines Wechsels des Prüfverfahrens auf die Frist zur Einleitung der Prüfung begrenzt sei. Das LSG Hessen stellt demgegenüber vorrangig darauf ab, dass die gesetzliche Frist zur Einleitung eines Prüfverfahrens sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach dem systematischen Zusammenhang ausschließlich die Frist zur Einleitung und Anzeige der beabsichtigten Abrechnungsprüfung gegenüber dem Krankenhaus (also das „Ob“ einer Prüfung) beträfe, während die konkrete Durchführung der Abrechnungsprüfung (das „Wie“) sich allein nach den Regelungen der PrüfvV richte. Zeitliche Grenzen der Abrechnungsprüfung – gleich ob sie durch Begehung oder im schriftlichen Verfahren erfolge – ergäben sich dann lediglich aus § 8 PrüfvV, wonach die Krankenkasse dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch innerhalb von 11 bzw. 9 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige mitzuteilen habe. Es sei zudem weder dem SGB V noch der PrüfvV zu entnehmen, dass ein Wechsel des Prüfverfahrens unzulässig sei.

Die nach zulässigem Wechsel auf das schriftliche Verfahren erfolgte Unterlagenanforderung des MD sei auch geeignet, die Präklusion des § 7 der PrüfvV auszulösen. Der MD hatte um Übersendung des Krankenhausentlassungsberichts (Arztbrief), der OP-Berichte und Anästhesieprotokoll(e),Interventionsbericht(e), Pflegeberichte, Fieberkurve/ Tageskurve, Laborwerte sowie „weiterer aus Sicht des Krankenhauses zur Erfüllung des Prüfauftrags nötiger Unterlagen“ gebeten. Damit seien die vom Krankenhaus vorzulegenden Unterlagen hinreichend konkret bezeichnet. Unabhängig von der Frage, ob der Prüfauftrag damit bereits eine ausdrückliche Anforderung der Beatmungsprotokolle vornahm, weil diese aus medizinisch-fachlicher Sicht als „Interventionsberichte“ anzusehen seien, hätte sich dem Krankenhaus angesichts der konkreten Fragen die Notwendigkeit der Vorlage von weiteren Unterlagen aufdrängen müssen.

Letztlich geht das LSG Hessen davon aus, dass die Krankenkasse auch hinsichtlich der Übersendung der leistungsrechtlichen Entscheidung die Anforderungen des § 8 der PrüfvV erfüllt habe, da diese sowohl die hierfür maßgeblichen Gründe, nämlich die Streichung der OPS-Kodes aufgrund der vom Krankenhaus nicht vorgelegten Unterlagen, als auch einen bezifferten Erstattungsanspruch enthielt. Dem Einwand der Krankenhausseite, eine ausreichende Leistungsentscheidung setze darüber hinaus die Angabe der aus Sicht der Krankenkasse zutreffenden DRG voraus, folgt das LSG Hessen nicht. Vielmehr müsse sich aus den Gründen insgesamt nur ausreichend ergeben, woraus überhaupt ein Erstattungsbetrag resultiere, wohingegen die professionellen Akteure im Abrechnungswesen der Krankenhäuser die nach Korrektur einschlägige DRG in aller Regel leicht selbst bestimmen könnten.

Gegen die Entscheidung des LSG Hessen ist unter dem Aktenzeichen B 1 KR 13/25 R die Revision anhängig.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

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