Mit einer Änderung zu den Abstandsflächenvorschriften in der LBO will der Gesetzgeber in Baden-Württemberg erreichen, dass die Nachverdichtung in bebauten Gebieten vereinfacht wird. In § 5 Abs. 5 Satz 2 LBO BW ist nunmehr geregelt, dass eine Aufstockung um bis zu 2 Geschosse auf die Wandhöhe nicht angerechnet wird, wenn die Baugenehmigung oder die Kenntnisgabe für die Errichtung des Gebäudes mindestens 5 Jahre zurückliegt. Das heißt, soweit sich durch diese Aufstockung eine Unterschreitung der ansonsten erforderlichen Abstandsflächen ergibt, bleibt dies unbeachtlich. Hintergrund ist, dass ansonsten vielfach im Bestand eine Aufstockung unmöglich ist, weil die bestehenden Abstände eben nicht vergrößert werden können. Nach der Gesetzesbegründung geht der Gesetzgeber davon aus, dass bei einer maximalen Ausnutzung der Erleichterung durch eine Aufstockung mit 2 Geschossen mit einer Höhe von ca. 2,5 m je Geschoss sich bei Zugrundelegung des regelmäßig anzuwenden Berechnungsfaktors 0,4 der Wandhöhe nach § 5 Abs. 7 LBO eine Verkürzung der Abstandsflächentiefen um ca. 2 m ergibt. Die damit verbundene begrenzte Einschränkung des Nachbarschutzes sei angesichts des hohen öffentlichen Interesses an den Zielen der Flächeneinsparung und damit des Klimaschutzes, aber auch der Schaffung zusätzlichen Wohnraums verhältnismäßig. Allerdings lässt der Gesetzgeber außer Betracht, dass die zulässige Aufstockung nur durch die Anzahl der Geschosse, aber nicht durch deren Höhe begrenzt wird. Das heißt, auch deutlich höhere Geschosse sind nach dem Wortlaut der Vorschrift zulässig.
Nunmehr hatte erstmals das VG Sigmaringen einen Fall zu entscheiden, in dem diese gesetzliche Neuregelung anzuwenden war. Das VG Sigmaringen geht davon aus, dass die abstandsflächenrechtliche Privilegierung von Gebäudeaufstockungen mit höherrangigem Recht, insbesondere der Eigentumsgarantie, vereinbar ist. Allerdings könne bei privilegierten Gebäudeaufstockungen nach dieser Vorschrift nicht von der Einhaltung des Abstandsflächenrechts auf die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme in Bezug auf Belichtung, Belüftung und Besonnung geschlossen werden. Vielmehr sei ein-zelfallbezogen zu prüfen, ob mit dem Vorhaben für den Nachbarn unzumutbare Einschränkungen der abstandsrechtlichen Schutzgüter verbunden sind (VG Sigmaringen, Urteil vom 05.04.2023 – 10 K 101/21). Im Übrigen sind bei der Prüfung der Rechtsmäßigkeit die bauplanungsrechtlichen Vorschriften unbeschränkt zu berücksichtigen. Gleichwohl dürfte es keine allzu gewagte Prognose sein, dass zukünftig bei Maßnahmen unter Anwendung dieses Privilegs die Prüfung der Frage, ob eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots vorliegt, erhebliche Bedeutung erlangen wird. Wie die zuständigen Baurechtsbehörden damit umgehen, bleibt abzuwarten.
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Bei potentiell ambulant erbringbaren Operationen oder sonstigen stationsersetzenden Eingriffen kann eine stationäre Behandlung gerechtfertigt sein, wenn ein Behandlungsfall besondere Umstände, Diagnosen oder Maßnahmen aufweist, die