§ 215a BauGB in Kraft getreten – befristete Hoffnung für Bebauungspläne nach § 13b BauGB?

Etwas versteckt in Art. 3 des Gesetzes für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (WPGEG) v. 20.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 394 hat der Gesetzgeber einen neuen § 215a BauGB mit Wirkung zum 01.01.2024 in Kraft gesetzt. Damit reagiert er auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 18.07.2023 – 4 CN 3.22, wonach § 13b BauGB aufgrund Verstoßes gegen Unionsrecht unanwendbar ist. Insbesondere hatte das BVerwG beanstandet, dass die Baulandentwicklung im Außenbereich nicht vollständig von einer Umweltprüfung ausgenommen werden darf. Die Konsequenzen dieser Entscheidung sind weitreichend: Die Unionsrechtswidrigkeit von § 13b BauGB führt regelmäßig zu beachtlichen Fehlern von danach erlassenen Bebauungsplänen, zudem zu stets beachtlichen Fehlern von nach § 13b BauGB berichtigten Flächennutzungsplänen und zum Erfordernis einer Ermessenentscheidung über die Rücknahme von auf dieser Grundlage erlassenen Baugenehmigungen, und zwar ungeachtet ihrer Bestandkraft (vgl. Kukk, ZfBR 2023, 735).

Um den Gemeinden zu helfen, ermöglicht nun § 215a BauGB das Nachholen einer Vorprüfung im Einzelfall nach dem Vorbild des § 13a Abs. 1 Nr. 2 BauGB unter Beteiligung von Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange. Dies soll sowohl für noch laufende, nach § 13b BauGB begonnene Bebauungsplanaufstellungsverfahren, als auch für ergänzende Verfahren zu schon nach § 13b BauGB in Kraft gesetzten Bebauungsplänen gelten. Fällt die Vorprüfung des Einzelfalls positiv aus und wird das Aufstellungsverfahren deswegen fortgesetzt bzw. ein ergänzendes Verfahren deswegen durchgeführt, ist dies von der Gemeinde einschließlich der hierfür wesentlichen Gründe ortsüblich bekannt zu machen. Diese Möglichkeit ist jeweils bis zum 31.12.2024 befristet, so dass sich betroffene Gemeinden beeilen müssen.

Nach Ansicht der Gesetzesbegründung (BTDrucks. 20/9344 S. 91) soll die Vorschrift ermöglichen, „begonnene Planverfahren, die nach § 13b BauGB in einer vor dem Inkrafttreten dieses Artikels geltenden Fassung eingeleitet wurden, geordnet zu Ende zu führen (Absatz 1) beziehungsweise abgeschlossene, aufgrund der Anwendung des § 13b BauGB Pläne, die an einem nach den §§ 214 und 215 BauGB beachtlichen Fehler leiden und damit unwirksam sind, im ergänzenden Verfahren in Kraft zu setzen (Absatz 2).“ Dabei war es ausdrückliches Ziel des Gesetzgebers, „den Mehraufwand für die Betroffenen so gering wie nach dem Europarecht möglich zu halten“.

Die sich aus der Unanwendbarkeit des § 13b BauGB ergebenden Schwierigkeiten sind nach dem Gesetzeswortlaut jedenfalls dann, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls positiv ausfällt, für den Bebauungsplan und für auf seiner Grundlage ergangene Baugenehmigungen gelöst. Es bleiben jedoch unionsrechtliche Bedenken, ob eine bloße Vorprüfung hier ausreicht, zumal wenn das eigentliche Verfahren schon weit fortgeschritten oder sogar abgeschlossen ist. Angesichts der kurzen Laufzeit der Ermächtigungsgrundlage wird bis zum Außerkrafttreten darüber wohl keine gerichtliche Entscheidung getroffen sein. Zudem ergeben sich fachliche Bedenken, ob eine solche Vorprüfung aufgrund der für ein bestimmtes Ergebnis sprechenden, zwischenzeitlich geschaffenen Tatsachen überhaupt noch ergebnisoffen geführt wird. Auf jeden Fall ungelöst bleibt die Unwirksamkeit einer Flächennutzungsplanberichtigung nach § 13b BauGB, die von der Gemeinde gesondert angegangen werden muss. Schließlich muss die Gemeinde auf die Baurechtsbehörde einwirken, Ermessensentscheidungen über die Rücknahme von bestandskräftigen Baugenehmigungen einstweilen zurückzustellen.
Ihr Ansprechpartner: RA Prof. Dr. Alexander Kukk, Stuttgart

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