Fallzusammenführung auch bei Spalte-13 Kennzeichnung

Das BSG hat mit Urteil vom 26.04.2022, B 1 KR 14/21 R, erneut seine Rechtsprechung zur Fallzusammenführung aufgrund fiktiv-wirtschaftlichen Alternativverhaltens bekräftigt und diese überraschend auch auf jene Fälle ausgeweitet, welche gemäß der Regelungen der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) nach dem Willen der Vertragsparteien explizit hiervon ausgenommen werden sollten. Eine derartige Rückausnahme von der Fallzusammenführung, so in § 2 Abs. 2 Satz 2 der FPV für die in Spalte 13 des Fallpauschalenkataloges gekennzeichneten Fälle, hat nach Ansicht des BSG lediglich zur Folge, dass es bei der konkreten Wirtschaftlichkeitsprüfung im Einzelfall verbleibt: Die preisrechtlichen Regelungen der FPV seien aufgrund ihrer Stellung in der Normenhierarchie und ihrer rechtssystematischen Verortung außerhalb der GKV nicht in der Lage, aus eigenem Geltungsgrund das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 und des § 70 Abs 1 Satz 2 SGB V einzuschränken. Eine spezifische gesetzliche Ermächtigung zu einer solchen Einschränkung zu Lasten der Krankenkassen fehle den Vertragsparteien des § 17b Abs 2 Satz 1 KHG. Wenn somit in einem – nachträglich vollständig überprüfbaren – überschaubaren Zeitraum zum einen Klarheit darüber geschaffen werden kann, ob eine Fortsetzung der stationären Behandlung medizinisch geboten war, und zum anderen die Fortsetzung der Behandlung aus medizinischen Gründen auch tatsächlich erfolgen kann, habe eine Fallzusammenführung auf Grundlage einer (fiktiven) Beurlaubung zu erfolgen. Als überschaubar sieht das BSG einen Zeitraum von zehn Tagen ab der Entscheidung über die Entlassung bis zur Fortsetzung der Behandlung an. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Verzögerung auf rein organisatorischen Zwängen und Kapazitätsproblemen im Krankenhaus beruht. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gebietet es dann, Versicherte auch über zehn Tage hinaus zu beurlauben. Eine derartige Beurlaubung muss weder auf einer Initiative des Patienten beruhen, noch kann sie durch Regelungen im Landesvertrag nach § 112 SGB V eingeschränkt werden.
Ob diese Rechtsprechung des BSG auch für Fälle mit Aufnahmedatum ab dem 1. Januar 2019 nach Inkrafttreten des § 8 Absatz 5 KHEntgG gilt, ist derzeit in einem weiteren Revisionsverfahren anhängig, B 1 KR 10/22 R.
Ihre Ansprechpartnerin: Kristina Schwarz, Dortmund

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